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Welche Farben hat die Stadt? 

Ein Projekt von Judith Haman
April bis Mitte Juni 2018, Werkhaus Münzviertel, Rosenallee 11, 20097 Hamburg

Konkret wurde die Frage anhand der Aufenthaltsorte der Teilnehmer. Welche Farbe dominiert dort und auf den Wegen zum Werkhaus. Tägliche Eindrücke, die schnell eine Vorlage für bildnerische Arbeiten auf Papier gaben. Pigmente mussten erst gemischt, mit Bindemittel malfertig gemacht werden.
Die Farbnamen, in den Sprachen der Teilnehmer notiert, generierten Tabellen und Diskussionen über Farbnuancen, ihre genaue Bezeichnung in der arabischen Sprache, in Farsi, Deutsch und Französisch. Vergleiche der aktuellen Umgebung mit der früheren lösten Beschreibungen und Geschichten aus, über Länder und Orte der Kindheit und der Verwandten, Fluchtrouten und Sehnsüchte.
Bilder im Internet von den Heimatorten grundierten die angesprochenen Farben, die Schattierungen von Bäumen und Pflanzen im Viertel der Verwandten.
Und, welche Mischung kommt dem vertrauten Farbton am nächsten, löst das lichtblau Strahlende aus, gibt dem Erdton seine feuchte Schwere, deutet die Trockenheit von grünem Blattwerk an.
Monochrome Farbflächen auf einem beschichteten Karton, auf dickem Papier, in verschiedenen Formaten, mit Acrylbinder, Wasserfarben, mit Stiften, jedes Material hat andere Eigenschaften, die Bildresultate erstaunen, misslingen, geben Anstoß für weitere.

 
Nicht weit vom Werkhaus, zeigt das Museum für Kunst und Gewerbe in der Sammlung islamischer Kunst die Farben der arabischen Ornamentik,
die verschränkten Pflanzen und Tierdarstellungen auf Teppichen und Keramik.
Unsere Besuchseindrücke sondierten sich in neuen Entwürfen, legten die Spur zu schnell entworfenen Icons.
Manchmal gehen die Farbmischungen in die falsche Richtung, oder die Farbe verharrt, verändert ihre Tönung ins Dunkle,
wo sie nur eine Nuance kräftiger werden sollte.
Farblehren versprechen Auskunft, doch auf der Fläche wurde das Kalkül oft abgelöst durchs Experimentieren oder einfach das Bild zur Seite gelegt.

Ein kleiner Kreisel mit auflegbaren Farbflächen in verschiedenen Färbungen, schnell gedreht sollten sich die Farben zu einer neuen Farbe mischen,
er erwies sich als zu klein, zu langsam, nach wenigen Drehungen instabil.

Wir vergrößerten die Maße, bauten mit den Werkhäuslern in der Holzwerkstatt einen neuen Kreisel mit einem zehnmal größeren Scheibendurchmesser und einem stabilen Schwerpunkt.

Dafür passende Farbscheiben konnten wir nun selbst entwerfen, mit recht spekulativen Diskussionen, wie die Farbstrukturen auf der ruhenden Scheibe sich dann in der Drehung mischen, ob sich Streifen ergeben oder eine neue Farbe, und wenn, welche?

   
Zum ersten Mal öffentlich wurde der neue Farbkreisel im Werkhaus beim 17. Straßenfest Münzviertel am 16. Juni 2018 vorgeführt.
Der Effekt war schön zu sehen, wie die Farben rot-gelb-blau nur noch als helles Feld erschienen.
Eine Dokumentation der Bauphasen des Kreisels zeigten wir in der Ausstellung.
Die Präsentation der Bilder drumherum, auf verschieden großen Formaten in der Aula des Werkhauses und die reproduzierten Kartendrucke einzelner Bilder gaben einen anschaulichen Einblick in die malerischen Prozesse und Themen der Teilnehmer, ihre spontanen Einfälle.


Die einhellige Antwort der Teilnehmer auf die Frage " Welche Farben hat die Stadt?" war:
Teheran und die Städte im Maghreb changieren um die Farbe "türkis", die Farbe von Hamburg ist "blau".

 


Welche Farben hat die Stadt?
Ein Projekt von Judith Haman
April bis Mitte Juni 2018, Werkhaus Münzviertel, Rosenallee 11, 20097 Hamburg

Werkhaus Münzviertel zur Verschränkung von Pädagogik, Kunst & Quartiersarbeit
"Das Werkhaus Münzviertel ist ein niedrigschwelliges Angebot für wohnungslose oder von Wohnungslosigkeit bedrohte Jungerwachsene bis zu 27 Jahren, die von sozialstaatlich-institutionellen Kontexten nicht (mehr) erreicht werden sowie für Jungerwachsene, die aus ihren Heimatländern geflohen sind und sich im Asylverfahren befinden. 
Das Werkhaus Münzviertel basiert auf der Idee, dass Lernprozesse über Produktionsprozesse erfolgen und orientiert sich an dem Konzept des Bauhauses: Parallelität von künstlerischer und handwerklicher Ausbildung. Durch Eigenständigkeit und Mitbestimmung sowie gemeinsame Projektarbeiten in den Bereichen Kunst, Gartenbau, Küche, Holz, Fahrrad und Tonstudio sollen die jungen Erwachsenen aktiviert und dazu motiviert werden, auch ihr eigenes Leben selbstbestimmt zu gestalten. Eine grundlegende Zielsetzung dabei ist es, die dafür wichtigen Eigenschaften wie Zuverlässigkeit, Eigenverantwortung und Alltags-Struktur zu vermitteln."

 

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